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„Es ist sehr wichtig, menschlich zu bleiben“ – Einblicke in den Arbeitsalltag eines Sozialdienst-Mitarbeiters

Das Gemeinschaftskrankenhaus Bonn hat sowohl im Haus St. Petrus als auch im Haus St. Elisabeth einen Sozialdienst. Unter dem Leitsatz „Wir lassen Sie nicht allein!“ unterstützt dieser Patient:innen und deren Angehörige bspw. bei Problemen durch Krankheit und Alter, bei Fragen zur medizinischen Rehabilitation oder bei einer anstehenden Alten- und Pflegeheimübersiedlung. Rafael Corrales-Vidal arbeitet seit 32 Jahren beim Sozialdienst und gibt einen Einblick in seine Tätigkeit.

Was sind Ihre Hauptaufgaben?

Meine Hauptaufgaben betreffen die Regelung der stationären Versorgung. Das heißt, alles, was mit Rehabilitation, mit Frühreha, neurologischer Reha, mit Hospizen, Heimunterbringungen und Kurzzeitpflege zu tun hat. Dazu gehört auch die Aufklärung der Patient:innen und Angehörigen über die geltenden Sozialgesetze.

Das sind sehr sensible Themen… Was ist Ihnen bei der Begegnung mit den betroffenen Menschen wichtig?

Die Menschen, die zu mir kommen, die Patient:innen, die hier liegen, sind teilweise in großer physischer und psychischer Not. Dabei ist es sehr wichtig, menschlich zu bleiben und die Ängste der Leute zu verstehen. Die Beratung muss daher sehr fürsorglich und umsichtig sein.

Welchen Herausforderungen begegnen Sie in Ihrem Arbeitsalltag?

Bei manchen Patient:innen gestaltet sich die Entlassung überaus schwierig. Insbesondere in den vergangenen 2-3 Pandemie-Jahren besteht die Problematik, dass das Angebot an Reha- und Heimplätzen eingeschränkt ist. Schlichtweg können oftmals nicht mehr so viele Patient:innen wie vor Corona in Einrichtungen untergebracht werden. Das bedeutet, dass der Aufwand immens gestiegen ist, im geforderten Zeitrahmen einen Betreuungsplatz zu finden.

Was machen Sie mit Patient:innen, die eigentlich entlassen werden können, bei denen Sie jedoch nicht wissen, wo sie aufgrund einer Hilfebedürftigkeit nach dem Krankenhaus untergebracht werden können?

In solchen Fällen gibt es mehrere Möglichkeiten. Es stellt sich mitunter die Frage, ob es nicht doch auch zu Hause klappen könnte, bspw. durch eine stärkere Einbeziehung der Angehörigen oder durch entsprechende Pflegedienste. Eine andere Option ist nach wie vor die Heimunterbringung. Stehen keine Plätze zur Verfügung, bleibt die Person tatsächlich so lange hier, bis wir eine Versorgungsmöglichkeit für sie gefunden haben. 

Von welchen Wartezeiten sprechen wir denn in etwa bei der Heimplatzsuche?

Häufig höre ich von Seiten der Heime: „Unter vier Wochen Wartezeit läuft gar nichts“. Wenn dann ein Patient /eine Patientin nur zwei Wochen in der Geriatrie bleibt, sind das zwei Wochen Überhang. Die meisten Heime sind mittlerweile, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nicht bereit, Kurzzeitpflege unter vier Wochen anzubieten. Mit anderen Worten: Sie richten sich nicht nach der bei uns entstehenden Nachfrage.

Inwiefern hat Corona Ihren Arbeitsalltag beeinflusst?

Die Corona-Zeit war insbesondere zu Beginn sehr belastend für alle Beteiligten. Die Pandemie hat erhebliche Probleme bei der Entlassung zurück in die Heime verursacht, weil die Heime Quarantäneregelungen einhalten mussten. Z.B. waren Menschen, die aus dem Krankenhaus zurück kamen, erst einmal zu isolieren, vor allem dann, wenn der Patient /die Patientin zuvor ein Doppelzimmer bewohnt hat. Dadurch mussten Heime ihre Kapazität faktisch reduzieren, um für die Krankenhausrückkehrer:innen Plätze vorhalten zu können. Dessen waren und sind sich viele Leute überhaupt nicht bewusst.

Zudem hat die Einschränkung der Besuchsmöglichkeiten viele Menschen an ihre Grenzen gebracht. Das hat sich sehr stark ausgewirkt, auch dahingehend, dass ich dann auf telefonische Beratungen angewiesen war und ich die Angehörigen nicht live erleben konnte. Das Manko vor allen Dingen für ältere Menschen war, dass sie mit der digitalen Technik nicht so vertraut waren und daher nicht mal eben schnell facetimen oder skypen konnten. Weder die älteren Patient:innen noch die älteren Angehörigen. Das führte dann manchmal zur Vereinsamung und Verzweiflung.

Mal ein ganz anderes Szenario: Was passiert, wenn ein Patient oder eine Patientin verstirbt und keine Angehörigen ausfindig gemacht werden können?

Das Pflegeteam oder wir vom Sozialdienst kennen unsere Patient:innen und wissen in den meisten Fällen, ob es Verwandte gibt. Ist der Verstorbene tatsächlich ohne Angehörige, geben wir in der Patientenaufnahme Bescheid. Die Kolleg:innen informieren dann die entsprechenden Behörden.

Abschließend: Wenn Sie Politiker wären, was würden Sie tun, um die Arbeit des Sozialdienstes zu verbessern?

Es geht bei uns um eins: um Menschen – und um Menschlichkeit. Vor diesem Hintergrund wäre es mir sehr wichtig – und je höher ich da angesiedelt wäre, umso mehr – die Tuchfühlung zu den Menschen an der Basis zu behalten. Ich würde mir viele Orte ansehen, viele Heime, viele Krankenhäuser – mehr oder weniger unangemeldet -, um mich persönlich vor Ort zu informieren und mir ein unverfälschtes Bild von den Arbeitsbedingungen zu machen. Ganz klar.

 
 

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