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13.04.2022

Patienten durchs Leben begleiten

Rund eine halbe Million Menschen leiden hierzulande an Rheuma. Mehr als 300 unterschiedliche Formen dieser Multisystemerkrankung gibt es. Deren Behandlung verlangt nach einer ganzheitlichen Sicht auf den Patienten und einer individuellen Diagnose und Therapie, weiß Professor Dr. Stefan Weiner, Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin II im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier.

Chefarzt Professor Dr. Stefan Weiner (4. v. li.) und sein Team sind auf die Diagnose und Behandlung rheumatischer Erkrankungen spezialisiert.

Immer wieder suchten den Mann Fieberschübe heim, vorübergehende Hautveränderungen traten bei ihm ebenso auf wie Entzündungen seines Ohrknorpels. Thrombosen von Fußrücken über Unterarm bis Handgelenk kamen hinzu, der Allgemeinzustand des Patienten verschlechterte sich zusehends. Eine dauerhafte Inflammation mit zunehmender Blutarmut stellten die Ärzte fest und diagnostizierten 2018 eine rezidivierende Polychondritis. Was Professor Dr. Stefan Weiner und sein Team zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen konnten: Statt an dieser seltenen rheumatischen Autoimmunerkrankung litt der 67-ährige an einer noch selteneren und neuen autoinflammatorischen Krankheit, dem Vexas-Syndrom.

Dass der Chefarzt der Abteilung für Innere Medizin II im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier dem eigentlichen Übel auf die Schliche kam, verdanken er und sein Patient dem umfassenden Überblick über die aktuelle Studienlage. Erst kurz zuvor war Professor Weiner in einer amerikanischen Fachzeitschrift auf einen Aufsatz zum Vexas-Syndrom gestoßen, bis heute wurden weniger als 100 dieser Fälle beschrieben. Der Trierer Mediziner stellte den Zusammenhang her und veranlasste eine Knochenmarkbiopsie und eine genetische Untersuchung. Deren Ergebnisse bestätigten im Oktober 2021 seinen Verdacht.

Intensive Untersuchungen

Die Diagnose und Therapie rheumatischer Erkrankungen und von Immundefizienzen sind zwei Schwerpunkte der von Professor Weiner geleiteten Abteilung. Doch um zum Ziel zu gelangen, sprich eine fundierte Diagnose stellen sowie eine zielführende Behandlung in die Wege leiten zu können, bedürfe es immer auch der intensiven Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen, betont der Chefarzt: „Bei Rheuma handelt es sich um eine Multisystemerkrankung, die unterschiedlichste Organe betreffen kann. Deshalb schaue ich mir jeden Patienten intensiv an und muss immer im Bilde sein über die Funktion sämtlicher Organe.“

Professor Weiner nennt beispielhaft Pneumologen, Hämatologen und Kardiologen. So liege das Risiko für an Rheuma leidende Menschen, eine kardiovaskuläre Erkrankung zu entwickeln, bei um die 40 Prozent. Auch deshalb sei en die Patienten gefordert, soweit möglich einen eigenen Beitrag zur Prävention und Behandlung zu leisten; etwa, indem sie sich das Rauchen abgewöhnen oder ihr Körpergewicht reduzieren. Auch eine mediterrane Ernährung habe nachweislich positiven Einfluss auf die Schwere und Schubhäufigkeit einer rheumatischen Erkrankung.

Krankheit und Kinderwunsch?

Rheuma und Kinderwunsch seien heute kein Widerspruch mehr, sagt Professor Dr. Stefan Weiner.

Spricht man mit dem Chefarzt über Besonderheiten seines Fachs, verlässt er für einen Moment die rein fachliche Ebene und gibt stattdessen einen Einblick in das, was ihn antreibt: „Wir begleiten die Patienten durch ihr Leben“, sagt er und kommt auf ein durchaus sensibles Thema zu sprechen – die Vereinbarkeit von Krankheit und Kinderwunsch: „Früher sagte man: Wer Rheuma hat, sollte nicht schwanger werden“, erinnert sich der erfahrene Rheumatologe und ergänzt: „Heute habe ich Patientinnen mit drei
oder sogar vier Kindern.“

Dass sich Erkrankung und Familienplanung heute in Einklang bringen lassen, ist dank neuer Medikamente möglich, verlangt aber zugleich eine intensive und engmaschige Begleitung und Betreuung durch den behandelnden Facharzt. So müsse immer genau geschaut werden, welche Medikamente aufgrund der geplanten Schwangerschaft abgesetzt werden und wie diese vorübergehend ersetzt werden können, um das Leben von Kind und Mutter nicht zu gefährden, erläutert er. Sei dies gewährleistet, stehe dem Kinderwunsch nichts im Wege. Ungeplante Schwangerschaften, womöglich in einen akuten Schub hinein, seien jedoch sehr problematisch, so Weiner.

Ziel Beschwerdefreiheit

Bisweilen erhält der Chefarzt Bilder von Patientinnen mit ihren Neugeborenen. „Das freut mich sehr und ist wirklich schön zu sehen, dass das heute möglich ist“, sagt Professor Weiner und führt unvermittelt die Vorzüge seines Fachs ins Feld: „Die Zeiten, als es uns nur darum ging und wir auch nicht viel mehr tun konnten, als Schadensbegrenzung zu betreiben, sind lange vorbei. Heute ist es unser Ziel, den Patienten zu einer völligen Beschwerdefreiheit zu verhelfen und Rückfälle zu verhindern, und uns gelingt das inzwischen bei einem großen Teil der Betroffenen.“ Der Mediziner weiter: „Die Rheumatologie ist zweifellos ein sehr komplexes und kompliziertes Fach, aber die positiven Erfahrungen geben einem doch unheimlich viel zurück.“

Professor Weiner kommt jetzt auf ein weiteres seiner Spezialgebiete zu sprechen – Immundefizienzen und hier speziell autoinflammatorische Erkrankungen. „Hierbei setzt der Körper selbst einen Entzündungsprozess in Gang, den das eigene Immunsystem nicht mehr richtig abstellen kann“, beschreibt er das Dilemma und wählt zum besseren Verständnis ein Bild: „Das ist wie wenn Sie mit Ihrem Auto losfahren und dann plötzlich feststellen, dass die Bremsen nicht funktionieren.“ Ähnlich wie bei den klassischen rheumatischen Erkrankungen suchen die Betroffenen meist erst einen Arzt nach dem anderen auf, bis sie schließlich in eine klinische Immunologie wie die des Brüderkrankenhauses kommen, die dank der interdisziplinären Zusammenarbeit mit anderen Fachabteilungen sowie der umfassenden Erfahrung und ausgeprägten Hartnäckigkeit ihrer Ärztinnen und Ärzte endlich eine Diagnose stellen kann.

Ganzheitlich therapieren

Liegt diese vor, stimmen die Ärzte die Art der Therapie mit dem Patienten individuell ab. „Es gibt Menschen, die wollen oder können sich keine Spritze setzen. Dann suchen wir nach Alternativen, die zum Beispiel als intravenöse Infusion oder als Tablette verabreicht werden können.“ Professor Weiner spricht von Shared Decision, gemeinsam suche man nach dem bestmöglichen Therapiekonzept, in dem ein Wirkstoff einen geringen Stellenwert haben sollte: „Wir versuchen heute, möglichst auf Cortison zu verzichten.“ Um aber tatsächlich die wirklich beste Medikation zusammenstellen zu können, sei es unverzichtbar, den gesamten Menschen mitsamt allen Erkrankungen im Blick zu haben. „Wir gehen im besten Sinne des Wortes ganzheitlich vor.“

TEXT UND FOTOS: MARCUS STÖLB

 
 

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