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07.04.2022

Der Blick ins Innere

Die Abteilung hat keine Betten und doch gibt es kaum Patientinnen oder Patienten des Gemeinschaftskrankenhauses, die keine Bekanntschaft mit der Radiologie machen: Sie liefert die für die Diagnostik wichtigen detaillierten Bilder aus dem Körperinneren. Sie führt aber auch mittels Kontrolle durch bildgebende Techniken ein breites Spektrum minimalinvasiver Therapien durch, die vielfach Operationen ersetzen.

Der gläserne Kubus im Parterre fällt ins Auge. Hier empfängt Maria Kerasoviti mit einem freundlichen Lächeln die Patientinnen und Patienten zur radiologischen Diagnostik im Haus St. Petrus des Gemeinschaftskrankenhauses – am modernen Röntgengerät, am CT oder MRT. „Bei aller Begeisterung für die moderne Technik steht bei uns der Mensch mit seinen individuellen Bedürfnissen im Mittelpunkt“, sagt Privatdozent Dr. Jochen Textor, der die Fachabteilung für Radiologie, Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie seit 2003 als Chefarzt leitet. Alle Leistungen der Abteilung werden rund um die Uhr angeboten und stehen somit auch in der Notfallsituation zur Verfügung. Die Radiologie verfügt über eine hochmoderne Geräteausstattung und ist komplett digitalisiert, sodass die Bilder allen Behandlern unmittelbar zur Verfügung stehen.

Hochmoderne Geräteausstattung und komplett digitalisierte Verfahren ermöglichen den Ärzten um Dr. Ulrich Hofer (re.) und Privatdozent Dr. Jochen Textor exakte Diagnosen und Therapien.

In der Radiologie steckt viel Therapie

Der Magnetresonanztomograf der neuesten Generation (Philips Ingenia 3 Tesla) liefert Bilder mit höchstem Weichteilkontrast. Dr. Textor: „Wir können damit alle Organe und den Bewegungsapparat, also Muskeln und Gelenke, ohne Röntgenstrahlung untersuchen.“ Der hochmoderne Computertomograf (256 Zeilen Multislice CT) nimmt das Herz in allen Bewegungsphasen auf und stellt Details der Herzkranzgefäße präzise dar. Auch virtuelle Darmspiegelungen sind damit möglich. Bei Unfallopfern verschafft ein blitzschneller Ganzkörper-Scan in zehn Sekunden Aufschluss über die Schwere der Verletzungen. Vorteil des 256-Zeilen-Geräts ist die extrem hohe Auflösung bei sehr kurzer Untersuchungszeit und geringer Strahlenbelastung.

Die modernen Radiologen können aber weit mehr als Diagnostik: Unter Kontrolle durch CT oder Angiografie, die mit Röntgenstrahlen Gefäße abbildet, steuern sie mit Blick auf den Monitor kleine Sonden und Katheter durch die Blutbahn an fast jeden Ort des Körpers direkt zu den erkrankten Gefäßabschnitten und behandeln diese. Die Radiologie am Gemeinschaftskrankenhaus verfügt über zahlreiche ausgewiesene Experten, die Gefäßeinengungen und -verschlüsse durch Aufdehnung (Dilatation) mithilfe eines Ballonkatheters sowie das Einsetzen von Gefäßstützen (Stents) von den Hals- bis zu den Fußgefäßen (mit Ausnahme des Herzens) versorgen. „Mit rund 1.000 Angiografien pro Jahr gehören wir zu den leistungsstärksten Anbietern“, so Oberarzt Dr. Ulrich Hofer, der die Abteilung seit 2004 gemeinsam mit Dr. Textor aufgebaut hat.

Dr. Bolkenius an der Angiografieanlage: Er eröffnet bei einem Patienten eine Engstelle der Beckenarterie und setzt Stents.

Am häufigsten sind Behandlungen der Becken-, Bein- und Fußgefäße, etwa bei der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (pAVK), die auch Schaufensterkrankheit genannt wird, weil Betroffene wegen ihrer Schmerzen häufig Pausen beim Gehen einlegen müssen. So auch Bernd Rolle (Name von der Redaktion geändert), der heute im Angiografiegerät liegt: Eine Engstelle in den Beckenarterien verursacht ihm Probleme im Oberschenkel. Dies erkennt man deutlich auf dem Monitor. Nachdem er die Einstichstelle betäubt hat, führt Oberarzt Dr. Peter Bolkenius den Katheter bis in das betroffene Gefäß, dehnt es auf und setzt zwei Stents ein. Sofort erkennt man den Erfolg: Das Blut kann nun wieder ungehindert fließen. Für Bernd Rolle bedeutet das: Er kann nun wieder Freude am Laufen und Wandern finden und so seine Gesundheit fördern.

Hilfe für Diabetiker

Segensreich sind solche Eingriffe bei Diabetikern mit Gefäßverschlüssen, die das Risiko des gefürchteten diabetischen Fußsyndroms mit sich bringen. Dr. Hofer: „Hier haben wir schon viele Menschen vor Amputationen bewahrt.“ Das Gemeinschaftskrankenhaus ist anerkannte Fußbehandlungseinrichtung. Weitere Einsatzorte der gefäßeröffnenden Eingriffe sind darmversorgende Arterien, Nierenarterien sowie die Halsschlagader (Carotis). Arteriosklerotische Verengungen der Carotis sind gefährlich, weil abgelöste Plaqueteilchen Gefäßabschnitte im Gehirn verschließen können – mit einem Schlaganfall als Folge.

Dr. Ulrich Hofer und Dr. Lohmar bei der Befundung von MRT-Bildern.

Ein weiterer Schwerpunkt der Interventionellen Radiologie ist die Behandlung der Erweiterung der Bauchschlagader (Aortenaneurysma). Da die Betroffenen oft eine Vielzahl weiterer Erkrankungen haben, ist nur ein Teil von ihnen mit der klassischen offenen Operation (Bauchschnitt) therapierbar. Beim Katheterverfahren EVAR schiebt das Gefäßteam aus Radiologen und Gefäßchirurgen über einen Schnitt in der Leiste eine membranüberzogene Metallgitterprothese (Aortenstent) in die Schlagader vor, die sich dort entfaltet, an die Aortenwand anschmiegt und mit Häkchen fixiert, sodass das Aneurysma von der Blutzirkulation getrennt wird.

Gefäße verschließen

Zum Spektrum der Interventionellen Radiologie gehören auch gefäßverschließende Maßnahmen, zum Beispiel bei akuten Blutungen. Anders als bei einer Operation kann der Interventionelle Radiologe mittels Röntgen-Bildgebung, Katheter und Kontrastmittel den Ort der Blutung sehr präzise finden und punktgenau therapieren. Dr. Hofer führt dazu kleine Embolisationsspiralen – er nennt sie „Metalllöckchen“ – über die Leiste durch die Arterien bis zur Blutung und setzt sie dort frei. Sie nehmen dann ihre Spiralform an und verbleiben sicher an Ort und Stelle. Durch ihre spezielle Oberfläche führen sie zur Blutgerinnung, sodass die Blutung gestoppt werden kann.

In Zusammenarbeit mit der Neurologischen Abteilung der LVR-Klinik Bonn (Chefarzt: Professor Dr. Christian Dohmen) erfolgt die Behandlung von Patienten mit einem ischämischen Schlaganfall, dem Gefäßverschluss in einem der drei Hauptstämme der Hirngefäße. Sie profitieren von dem neuroradiologischen Verfahren der endovaskulären Thrombektomie. „Der Erfolg ist bisweilen richtig spektakulär“, berichtet Dr. Textor. Da war ein Patient, der vier Stunden lang wechselnde Bewusstseinslagen von wach bis komatös erlitten hatte, Lähmungserscheinungen zeigte und nicht sprechen konnte. Durch ein großes Blutgerinnsel war ein Teil des Gehirns von der Sauerstoffversorgung abgeschnitten. Dr. Textor und fünf Oberärzte der Abteilung behandeln solche Patienten mit der endovaskulären Thrombektomie mit StentRetriever: Dazu wird von der Leiste zunächst über einen Führungsdraht ein Mikrokatheter bis durch das Gerinnsel geschoben und dann ein Stent entfaltet, der sich gegen die Gefäßwand presst und das Gerinnsel „einfängt“. Zusammen mit dem Stent wird das Gerinnsel dann langsam zurückgezogen und abgesaugt. Dr. Textor: „Der Vorteil dieses Mechanismus ist, dass sich das Blutgerinnsel als Ganzes entfernen lässt. Die Gehirnzellen werden wieder durchblutet. Bei dem Patienten waren die Symptome danach bis auf geringe feinmotorische Schwierigkeiten verschwunden. Er konnte wieder normal sprechen.“

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Überfachliche Zusammenarbeit gehört zum Wesen der Radiologie. „Wir unterstützen intensiv alle Abteilungen des Hauses im Bestreben, durch optimale Diagnostik eine bestmögliche Therapie für die Patienten anzubieten“, so Dr. Textor. Aber auch bei ihren bildgestützten Interventionen arbeiten die Radiologen eng mit den anderen Fachabteilungen des Hauses zusammen. So werden die Gefäßpatienten alle im Gefäßzentrum behandelt, wo Radiologen, Kardiologen (Chefarzt: Privatdozent Dr. Luciano Pizzulli) und Gefäßchirurgen (Chefarzt: Dr. Jürgen Remig) in der täglichen Konferenz im interdisziplinären Team entscheiden, welche Behandlung für den jeweiligen Patienten am besten ist. Dr. Textor: „Durch die Kombination von Operationstechniken mit modernen Verfahren der Katheterbehandlung lassen sich die Ergebnisse und damit die Lebensqualität der Patienten deutlich verbessern.“

In Kooperation mit dem Chefarzt der Inneren Abteilung, Professor Dr. Franz Ludwig Dumoulin, werden Gallenwegsinterventionen durchgeführt. Bei Patienten mit Gelbsucht infolge eines Aufstaus von Gallenflüssigkeit führt Professor Dumoulin das Endoskop durch den Mund bis zum Zwölffingerdarm und sondiert die Vatersche Papille, die Mündung des gemeinsamen Ausführungsganges von Gallengang und Bauchspeicheldrüsengang. Vorteil dieses ERCP genannten Verfahrens ist, dass das Problem gleichzeitig auch therapiert werden kann, etwa, indem bei Verengungen durch Tumoren oder Entzündungen ein Kunststoff- oder Metallröhrchen (Stent) eingebracht wird, um den Gallen- und Bauchspeichelfluss wieder zu ermöglichen. Kann Professor Dumoulin aber aufgrund der anatomischen Gegebenheiten die verengte Stelle nicht erreichen, kommt ihm Dr. Hofer mit dem PTCD-Verfahren entgegen: Er führt unter Durchleuchtungskontrolle durch die Haut eine dünne Hohlnadel durch die Leber in die Gallengänge ein, stellt sie durch Kontrastmittel dar und schiebt den eingelegten Draht bis in den Zwölffingerdarm vor. Dort kann Professor Dumoulin ihn mit dem Endoskop „auffädeln“ und den Stent platzieren. Man spricht von einem Rendezvous-Verfahren.

Münchner Drainage

Tumorpatienten, die unter Gelbsucht aufgrund eines Aufstaus von Gallenflüssigkeit leiden, kann Dr. Hofer mit einer sogenannten Münchner Drainage helfen: Dazu legt er einen weichen Silikonschlauch bis in den Darm ein. Diese Drainage hat viele Löcher, sodass die Galle über diesen Bypass sowohl in den Darm als auch über einen außen befestigten Schlauch in einen Beutel abfließen kann. Dr. Hofer: „Dieses Verfahren wird meist in der palliativen Situation angewandt. Ich hatte aber auch einen Patienten, dem ich immer wieder die Drainage getauscht habe, sodass er viele Jahre damit gelebt hat.“

Dr. Ulrich Hofer demonstriert einer Patientin den Mechanismus einer Münchner Drainage.

Patienten mit Bandscheibenproblemen, bei denen die aus dem Rückenmarkskanal austretenden Nerven eingeengt sind, bietet die Radiologie das bildgestützte Verfahren der periradikulären Therapie (PRT) an, auf das sich Oberarzt Dr. Guido Zintl spezialisiert hat: Er injiziert dem Patienten, der im Computertomografen liegt, mit einer dünnen Nadel Medikamente durch die Haut direkt an die Nervenwurzel. Und der Schmerz lässt nach. 

TEXT: BRIGITTE LINDEN | FOTOS: PAUL MEIXNER

 
 

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