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Dr. Markus Mai14.03.2024

Krankenhausreform – Eine unendliche Geschichte?

Seit 2022 geistert die Krankenhausreform durch unzählige Artikel und Berichte im Gesundheitswesen. Positive und negative Nachrichten lösen sich gefühlt fast täglich ab. Da kann einem der Kopf schwirren. Dr. Markus Mai, Leiter der Stabsstelle Gesundheits- und Sozialpolitik, gibt eine persönliche Einschätzung.

Krankenhausreform – Eine unendliche Geschichte?

Als Ende 2022 die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzte Krankenhausreformkommission ihre Vorschläge machte, war schnell klar, dass diese wenig abgestimmten Überlegungen im Dschungel der Gesundheitspolitik keinen langen Bestand haben werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft mit Mitgliedsverbänden, darunter der Katholische Krankenhausverband Deutschlands sowie eine Vielzahl an weiteren Verbänden und die meisten Bundesländer stellten sich gegen den Vorschlag. Mitte 2023 wurde ein von den Bundesländern mitentwickeltes Eckpunktepapier vorgestellt, in dem auch die Krankenhausplanung auf Landesebene entsprechend Berücksichtigung fand. Während der Sommerpause verhandelten Bund und Länder über Einzelheiten weiter.

Krankenhaustransparenzgesetz

Parallel brachte der Bundesgesundheitsminister das Krankenhaustransparenzgesetz auf den Weg, bei dem es um die Etablierung eines Krankenhausvergleichsportals angesiedelt beim Bundesgesundheitsministerium geht. Mittels dieses Portals soll es möglich sein, einzelne Krankenhausleistungen über viele Krankenhäuser hinweg zu vergleichen. Mit diesem Gesetzentwurf, der im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist, versucht der Minister sozusagen durch die Hintertür, wichtige Setzungen vorwegzunehmen – zum Beispiel zu den angedachten Leveln in der Krankenhausversorgung. Um den Bundesländern eine Zustimmung schmackhaft zu machen, sieht das Gesetz Gelder zur Liquiditätssicherung der Krankenhäuser vor. Im Vermittlungsausschuss stimmte die Mehrheit der Anwesenden für das vorgelegte Gesetz, so dass ein Start des Transparenzregisters zum 1. Mai sehr wahrscheinlich ist.

Bernadette Rümmelin, Geschäftsführerin Katholischer Krankenhausverband Deutschland e.V.

Kritik aus dem Gesundheitswesen

Vertreter*innen von Bundestag und Bundesrat hätten im Vermittlungsausschuss den Weg für mehr Transparenz bei Klinikbehandlungen frei gemacht, teilte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Ende Februar mit. Der Bundesrat könnte am 22. März das Gesetz abschließend billigen. Vertreter*innen des Gesundheitswesens äußerten sich kritisch zu unterschiedlichen Aspekten des Gesetzes, darunter auch der Katholische Krankenhausverband Deutschland, der unter anserem den geplanten Online-Atlas kritisierte. An der Größe eines Krankenhauses lasse sich nicht einfach ablesen, wie qualitativ hochwertig die jeweilige Behandlung sei, erklärte Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin und weiter, „Für die Klinikteams bringt das Gesetz zudem durch zusätzlichen Dokumentationsaufwand mehr statt weniger Bürokratie.“ Dringend benötigte Finanzierungsanpassungen zum Ausgleich von Inflations-und Tarifsteigerungsraten würden nur mit einem vagen Versprechen von kurzfristigen Liquiditätshilfen und einem Transformationsfonds im Zuge der geplanten Krankenhausreform beantwortet. Taten in Form von konkreten Gesetzestexten gäbe es dazu keine. „Minister Lauterbach und die SPD-geführten Länder sind nun in der Pflicht, aus den Versprechen schnellstmöglich klare Regelungen zu machen. Der Insolvenzwelle und dem kalten Strukturwandel muss endlich mit verantwortungsvollen politischen Maßnahmen und zusätzlichen Finanzmitteln begegnet werden. Die Einigung von gestern trägt dazu nichts bei. Sie lässt die Kliniken vielmehr in ihrem Ringen darum alleine, die regionale Gesundheitsversorgung am Laufen zu halten“, kritisiert der Verband.

Ungeregelte Schließungen vermeiden

Prinzipiell ist eine Krankenhausreform dringend erforderlich. Das zeigt allein die Anzahl von 29 Krankenhausinsolvenzen im letzten Jahr. Allen Beteiligten ist dabei klar: Es gibt in Deutschland zu viele Krankenhäuser. Ungeregelte Schließungen jedoch, die zu Versorgungsbrüchen führen, müssen verhindert werden. Deswegen soll die Krankenhausreform die flächendeckende Versorgung durch Krankenhäuser sichern.

Drei Levelstufen

Laut letztem Verhandlungsstand sollen Krankenhäuser in drei Levelstufen eingeteilt werden. In Level drei finden sich Universitätskliniken und Krankenhäuser der Maximalversorgung, in Level zwei Schwerpunktkrankenhäuser und in Level eins Einrichtungen der Grund- und Regelversorgung. Krankenhäuser des ersten Levels sollen unterteilt werden in Häuser mit und ohne Notfallversorgung. Die Letztgenannten, auch als Level 1i-Krankenhäuser bezeichnet, i steht für integrierte Versorgung, sollen eine enge Verzahnung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung sicherstellen. Sie dienen in erster Linie der Akutversorgung leichterer Erkrankungen und halten entsprechend Krankenhausbetten vor. Sie sind aber auch Entlastung für Einrichtungen der anderen Level, indem Patient*innen nach größeren Eingriffen hier stationär weiter betreut werden können. Zusätzlich können hier auch Leistungen der Kurzzeitpflege sowie der Tages- und Nachtpflege angeboten werden.

Leistungsgruppen

Weiterhin sollen 65 Leistungsgruppen eingeführt werden, darunter erstmals eine eigenständige für Notfallversorgung und Intensivmedizin. Der Leistungsgruppenkatalog soll sich an den schon in Nordrhein-Westfalen eingeführten Leistungsgruppen orientieren und zukünftig weiterentwickelt werden. Für jede Gruppe soll es qualitative Umsetzungsvorgaben geben, wie diese aussehen ist noch unklar. Ein wesentlicher Schwerpunkt der Reform ist die Reduktionder leistungsbezogenen Finanzierung über die DRG-Erlöse. Da jedes Krankenhaus eine gewisse Infrastruktur vorhält, die unabhängig von der Gesamtleistung des Krankenhauses vorhanden sein muss, wie Notaufnahme, Operationssäle oder Küche, soll ein Anteil von 60 Prozent aller bisherigen Erlöse aus den Krankenhausleistungen als Vorhaltebudget zur Verfügung stehen. Hier ist Streit vorprogrammiert. Nach Auffassung des Bundesgesundheitsministeriums soll sich das Vorhaltebudget in seiner Höhe an Leistungsdaten orientieren. Die Länder hingegen fordern eine unabhängige Berechnung zum Beispiel anhand der Bevölkerungsstruktur im Einzugsbereich des Krankenhauses.

Lauterbachs Alleingang

Der Gesundheitsminister hat angedroht, wenn keine Einigung mit den Ländern erreicht werden kann, ein Krankenhausreformgesetz auf den Weg zu bringen, das sehr zum Ärger der Länder im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig sein soll. Ob diese „Krankenhausreform light“ geeignet ist, die drängenden Probleme zu lösen, darf bezweifelt werden. Am besten wäre eine zeitnahe Abstimmung und Einigung zwischen Bund und Ländern, um eine starke Reform noch vor der Sommerpause auf den Weg zu bringen.

Was wir wollen

Wir als BBT-Gruppe setzen uns für eine vernünftige Lösung ein, damit wir unseren Auftrag bestmöglich erfüllen können. Daher fordern wir neben einer zeitgemäßen Krankenhausreform auch zusätzliche Mittel im Gesamtsystem, um die Krankenhausversorgung nachhaltig gestalten zu können. Grundsätzlich unterstützen wir die Überlegungen zur Vorhaltepauschale, aber wir sind gegen weitere bürokratische Belastungen. Vielmehr muss die auch jetzt schon bestehende überbordende Bürokratie stark eingeschränkt werden, damit wir mehr Zeit haben für unsere eigentlichen Aufgaben: Hilfe und Unterstützung für alte, kranke und behinderte Menschen. Wir setzen uns in diesem Zusammenhang auch für eine Vertrauenskultur anstelle einer Misstrauenskultur ein, die sich in vielen Leistungsgesetzen findet und ursächlich für die hohen bürokratischen Anforderungen ist. Da auch das Transparenzgesetz zu weiteren bürokratischen Aufwendungen führt, sehen wir die Etablierung einer weiteren amtlichen Vergleichsplattform kritisch. Zwar hat der Bundesgesetzgeber einige Vorschläge zum Bürokratieabbau vorgelegt. Diese sind jedoch leider nicht ausreichend, um gerade in den Krankenhäusern die entsprechenden Aufwände deutlich zu reduzieren. Bleibt zu hoffen, dass die Krankenhausreform keine „unendliche Geschichte“ wird.

Verhärtete Fronten

Mit einem offenen Brief haben die 16 Krankenhausgesellschaften der Länder Mitte März Kritik an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geübt. Dessen Gleichsetzung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) mit der Argumentation der AfD sei der »Tiefpunkt« einer »andauernden Diffamierung der Deutschen Krankenhausgesellschaft und ihrer hochrangigen Vertreter«, heißt es in dem Schriftstück. Hintergrund ist ein Beitrag auf der Plattform X in dem Lauterbach Fotos von einer noch unveröffentlichten Plakatkampagne der DKG gepostet hatte. Auf den Plakaten ist unter anderem ein schreiendes neugeborenes Baby mit der Aufschrift zu sehen: „Wenn Lauterbach so weitermacht, gibt’s hier bald keinen Nachwuchs mehr“. Und: „Immer mehr Geburtsstationen müssen aus wirtschaftlichen Gründen schließen.“ Der Gesundheitsminister schrieb dazu, mit einer solchen Kampagne sollten die Patient*innen verunsichert werden. »Damit argumentiert man nicht differenzierter als die AfD. Wir arbeiten Tag und Nacht, um mit einer großen Reform das Krankenhaussterben abzuwenden«. 

In ihrem Brief fordern die Landeskrankenhausgesellschaften, die der DKG angehören, nun Lauterbach auf, sich von dem Vorwurf zu distanzieren und in den »konstruktiven Dialog« zu treten. »Ihr Versuch, durch die Gleichsetzung der Argumentation der Deutschen Krankenhausgesellschaft mit der einer in Teilen vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften Partei Ihren inhaltlichen Kritiker bei der Krankenhausreform mundtot zu machen und zu diskreditieren, ist ein Schaden für das demokratische Miteinander in Deutschland«, heißt es mit Blick auf den Minister. Die Krankenhausgesellschaften fühlen sich von Lauterbach bei dessen Krankenhausreform übergangen. Seit Beginn seiner Amtszeit habe Lauterbach jedes Angebot eines konstruktiven Dialog und eine aktive Mitwirkung an der geplanten Krankenhausreform ausgeschlagen, heißt es weiter. „Stattdessen mussten wir uns wiederholt Ihren Lobbyistenvorwurf gefallen lassen, obwohl Sie wissen, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft der vom Gesetzgeber bestimmte Selbstverwaltungsträger für die deutschen Krankenhäuser und damit für die flächendeckende Gesundheitsversorgung ist, und damit legitimer und vom Gesetz bevollmächtigter Vertreter der deutschen Krankenhäuser gegenüber der Politik.“ 

Den Grund für die Plakatkampagne sieht die DKG in einem kalten Strukturwandel der deutschen Krankenhausversorgung. Neben den bekannten Insolvenzen und Krankenhausschließungen seien praktisch alle Krankenhausträger aktuell gezwungen, harte Kostensenkungsmaßnahmen durchzuführen, die unweigerlich auch zu einer Beeinträchtigung der Patientenversorgung führen werden. „Auf diese Zusammenhänge und Ihre Verantwortung als zuständiger Minister hinzuweisen ist keine „Hetze“, sondern notwendiger Ausdruck unserer tiefen Sorge um die Patientenversorgung in Deutschland“, merkt die DKG in dem Brief an.

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