Was macht eigentlich der Sozialbegleitende Dienst im Seniorenzentrum der Barmherzigen Brüder Trier? Ein Vormittag mit Ruth Haupenthal, Mitarbeiterin des Sozialbegleitenden Dienstes.
Je näher man dem Gruppenraum des Wohnbereichs St. Maria im Seniorenzentrum der Barmherzigen Brüder Trier kommt, desto deutlicher ist klassische Musik zu vernehmen. Kein Wunder, schließlich lauschen im Gruppenraum fünf Bewohner nebeneinandersitzend den Klängen des deutschen Komponisten Johannes Brahms. „Wir sollten leise sein“, sagt Ruth Haupenthal, die vier Tage die Woche im Sozialbegleitenden Dienst des Seniorenzentrums arbeitet, mit gedämpfter Stimme, denn die Bewohner möchten die Musik genießen. Im Raum duftet es angenehm nach Orangen. Den Duft versprüht ein Aromakegel, der hinten im Raum auf einem Tisch steht. Die „Klassik am Morgen“ ist für einige Bewohner nicht mehr wegzudenken. „Hören wir heute wieder Musik?“ Diese Frage kann Ruth Haupenthal immer mit einem Nicken bejahen, wenn sie im Dienst ist. Die gelernte Erzieherin hat sich zur Altentherapeutin weitergebildet und arbeitet seit 2006 im Sozialbegleitenden Dienst des Seniorenzentrums der Barmherzigen Brüder Trier.
Etwa eine Stunde lang lauschen die Liebhaber der klassischen Musik den Klängen von Brahms. Die CDs stammen an manchen Vormittagen aus ihren Privatsammlungen, so dass ab und zu mit dem einen oder anderen Musikstück auch eine persönliche Erinnerung verbunden wird. Nicht zuletzt deshalb sind die Zuhörerinnen und Zuhörer dankbar für die „Klassik am Morgen“.
Nachdem der letzte Ton der CD verklungen ist, verlassen alle wieder gemächlich den Gruppenraum und Ruth Haupenthal bereitet diesen für das anstehende Malprogramm vor. Gegen kurz nach zehn klopft sie schließlich bei Bewohnern an, die gerne kreativ werden, sodass es um halb elf losgehen kann. Auf die persönliche Erinnerung hin finden sich etwa zwanzig Minuten später sieben Bewohnerinnen im Gruppenraum ein. Hier sind den klassischen Tönen nun mit Farben, Pinseln, Leinwänden und Steinen bestückte Tische gewichen. Während sich vier Bewohnerinnen dem Malen widmen, schauen und hören die anderen drei zu, lösen Kreuzworträtsel oder puzzeln.
„Ist mein Hintergrund gut geworden?“, wirft eine Malerin fragend in den Raum. „Ich würde sagen, ist gut geworden“, erwidert die 58-jährige Ruth Haupenthal und reicht Jutta Oppermann eine Tube mit gelber Acryfarbe. Die 91-jährige Bewohnerin beginnt damit, die vor ihr liegenden Steine, die die Vögel auf dem blauen Leinwandhintergrund darstellen sollen, mit Ruhe und Genauigkeit zu bemalen. „Ich habe als junges Mädchen schon gemalt“, sagt Jutta Oppermann, die aber auch gerne auf das Motomed geht, um gelenkig zu bleiben. Dies ist ein Arm- und Beintrainingsgerät, das der Förderverein des Seniorenzentrums der Barmherzigen Brüder Trier e. V., der die Arbeit des Sozialbegleitenden Dienstes unterstützt, 2018 spendete. Begleitet wird Jutta Oppermann bei ihrem Training immer von einer Mitarbeiterin des Sozialbegleitenden Dienstes, die neben ihrer Tätigkeit im Seniorenzentrum als Physiotherapeutin arbeitet. Die Bewohnerin findet es gut, in der Gemeinschaft zu sein und dabei mit anderen ins Gespräch zu kommen. Während des Malens ergeben sich unter anderem Gespräche über das Nähen, Flicken oder Sockenstopfen – nicht zuletzt, weil Jutta Oppermann und die 88-jährige Silvia Klein stolz über ihre einstige Tätigkeit als Schneiderinnen erzählen.
Um wieder Kraft zu tanken, geht es nach dem Malen und dem geselligen Plausch zum gemeinsamen Mittagessen. „Den Rahmen für unsere Aktivitäten gibt die allgemeine Tagesstruktur vor, dazu gehören zum Beispiel die Essenszeiten“, sagt Maike Schmidt, Leiterin des Sozialbegleitenden Dienstes. „Bei der Planung der Angebote sind wir sonst sehr frei. Wir stimmen uns aber immer mit den Wohnbereichsleitungen ab“, ergänzt sie. „Es ist immer etwas los und ich laufe an keinem Bewohner vorbei, ohne zu fragen, wie es geht“, sagt Ruth Haupenthal. Dies wird nach dem Mittagessen deutlich: Während einige Senioren sich in den Sitzecken im Wohnbereich aufhalten, in einem Buch über Norwegen blättern, Kreuzworträtsel lösen oder sich unterhalten, richtet Ruth Haupenthal ein freundliches „Hallo“ oder einfach ein nettes Wort an jeden. Sie lässt sich aber auch Zeit für ein kurzes Gespräch mit zwei Bewohnern über die Herkunft der Schallplatten von Heino, Karel Gott oder Heintje, die an einer Wand des Wohnbereichs zur Dekoration hängen. „Ich kenne ,meine’ Bewohner. Deshalb finde ich es wichtig, wohnbereichsbezogen zu arbeiten. Es sorgt für einen engen persönlichen Kontakt und eine gute Betreuungsqualität“, ist sich die 57-Jährige sicher.
Auf ihrem Weg durch den Wohnbereich fragt Ruth Haupenthal eine Bewohnerin: „Sind Sie heute auch wieder beim Kreuzworträtseln dabei?“ Die Gefragte bejaht mit einem Grinsen: „Aber natürlich!“
Das Tagesprogramm sehen die Bewohner auf einer Tafel. „Alles, was mit Livemusik, Gesang oder mit Essen zu tun hat, also Erntedankessen, Plätzchenbacken oder Weinproben, kommt immer sehr gut bei den Bewohnern an“, weiß die 40-jährige Maike Schmidt, die seit einem Jahr im Sozialbegleitenden Dienst arbeitet.
Auch in Zeiten von Corona laufen die Aktivitäten weiter. „Im Frühjahr 2020 mussten wir für vieles neue Formen finden, beispielsweise Innenhofkonzerte statt wohnbereichsübergreifender Musiknachmittag“, berichtet Maike Schmidt. „Die Tage wurden einfach anders gestaltet“, so Schmidt weiter. Die Aktivitäten des Sozialbegleitenden Dienstes wurden zu Zeiten des Besucherstopps auf die Wohnbereiche und auf Kleingruppen beschränkt.
„Bei unserer Arbeit geht es besonders um die psychosoziale Betreuung – wir begleiten, sorgen für Teilhabe und beugen so der Einsamkeit vor. Zudem verstehen wir uns als ‚Anwälte‘ der Bewohner und bringen ihre Anliegen bei der Heimleitung vor“, sagt Maike Schmidt. Jeden Tag ist auf jedem der drei Wohnbereiche mindestens eine Mitarbeiterin für die Bewohner im Dienst. Alle fünf Mitarbeiterinnen des Sozialbegleitenden Dienstes kommen aus dem sozialen oder pflegerischen Bereich und bildeten sich zur Betreuungskraft weiter. Regelmäßig macht das Team Fortbildungen. Maike Schmidt und Ruth Haupenthal sind sich am Ende einig: „Ohne unsere Arbeit würde Lebensqualität fehlen und einige Bewohner kämen oft gar nicht zusammen.“
Text und Bilder: Katrin Schaffrath