Steht ein Klinikaufenthalt an, dann muss man sich auf die Qualität im Krankenhaus verlassen können: auf die medizinische Behandlung, die lange Erfahrung der Ärzte und die Kompetenz der Pflegenden. Niemand möchte ein Risiko in Kauf nehmen, wenn es um Leib und Leben geht. Gute Qualität nachprüfbar und für die Patienten transparent zu machen, zählt daher zu den großen Aufgaben im deutschen Gesundheitswesen. Ein weiterer Schritt der Politik ist deshalb die Gründung eines Instituts zur Qualitätssicherung und Transparenz. Professor Dr. Christoph Eingartner, Ärztlicher Direktor des Caritas-Krankenhauses Bad Mergentheim, erklärt, was heute schon für die Patientensicherheit getan wird.
Aus unserem Menschenbild heraus - und das gilt nicht nur für ein christliches Krankenhaus - wollen wir jeden einzelnen Patienten so gut wie möglich behandeln: in jedem einzelnen Behandlungsfall Komplikationen vermeiden, das angestrebte Behandlungsziel ohne Umwege erreichen, ein gutes Langzeitergebnis sichern, dem Patienten Schmerzen ersparen und ihm zu bestmöglicher Lebensqualität im Rahmen seiner gesundheitlichen Einschränkungen verhelfen. Dabei wollen wir im Kontakt mit ihm stets freundlich, respektvoll und partnerschaftlich umgehen.
Darum bemühen wir uns Tag für Tag - und zwar nicht nur die Ärzte, sondern alle "Berufsgruppen am Bett". Es braucht aber Voraussetzungen, Mittel und Wege, um Qualität zu sichern. Insofern passen dieses Grundanliegen und die aktuellen Forderungen der Gesundheitspolitik nach mehr Qualität sehr gut zusammen.
Im Kern geht es darum, für jeden einzelnen Behandlungsfall an Leitlinien orientierte und auf der Basis der evidenzbasierten Medizin entwickelte klare Prozesse vorzugeben. Diese müssen exakt beschrieben werden und die Einzelschritte sind festzulegen, insbesondere in der Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen im immer arbeitsteiligeren System Krankenhaus. Und schließlich müssen Ergebnisse und Komplikationen erfasst und systematisch ausgewertet werden, um als Basis für die Weiterentwicklung der Prozesse dienen zu können.
Hier haben sowohl die Ärzte als auch das
System Krankenhaus mit den verschiedensten Zertifizierungen durch medizinische Fachgesellschaften
in den vergangenen Jahren viel
dazugelernt. Heute arbeiten wir für jeden einzelnen
Patienten im Behandlungsverlauf festgelegte
Teilschritte ab; Checklisten helfen, bei
entscheidenden Schritten nichts zu vergessen.
Qualitätssicherung bedeutet somit auch, sich
formalen Abläufen zu unterwerfen - das steht
auf den ersten Blick im Widerspruch zu der sogenannten
ärztlichen Freiheit. Auf den zweiten
Blick allerdings müssen wir für jeden dieser Mechanismen
dankbar sein, versetzen sie uns doch
in die Lage, dem Ideal der möglichst fehlerfreien
Behandlung nahezukommen, die wir aus unserem
Menschenbild und Selbstverständnis für
jeden einzelnen Patienten anstreben.
Entsprechend der Vereinbarung im Koalitionsvertrag wurde das Institut zur Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen mit Sitz in Berlin gegründet. Seine Aufgabe ist es, der Gesundheitspolitik dauerhaft wissenschaftlich und methodisch fundierte Entscheidungsgrundlagen für Maßnahmen der Qualitätssicherung zu liefern. Auf dieser Basis sollen Maßnahmen ergriffen werden können, um vorhandene Defizite zu erkennen und die Behandlung gezielt zu verbessern. Außerdem soll das Institut zur besseren Transparenz über die Qualität der Versorgung beitragen. Hierzu soll es unter anderem Qualitätsvergleiche zu Krankenhausleistungen veröffentlichen, damit sich die Patienten, zum Beispiel bei der Wahl eines Krankenhauses, über die Qualität der Leistungen und Einrichtungen leichter informieren können
Qualität hat aber auch noch eine andere, eine ethische Dimension. Sie beginnt bei der Aufrichtigkeit der Beratung im Hinblick auf die bestmögliche Behandlung, die sich ganz auf den Patienten in seiner Individualität und Problematik richtet, ohne auf Wirtschaftlichkeit zu schielen. Dem wird niemand widersprechen, auch nicht außerhalb eines christlichen Krankenhauses und schon gar nicht in der Politik. Aber wenn wir ehrlich genug sind, müssen wir zugeben, dass wir nicht frei sind von innerem und äu- ßerem Druck und dass wir manchmal gar nicht mehr so richtig differenzieren können, welche Kriterien am Ende beispielsweise zu einer Operationsempfehlung geführt haben. Dazu gehört auch die Bescheidenheit, wirklich nur das selbst zu tun, was man am besten kann, und nötigenfalls Patienten zu jemandem mit mehr Expertise zu überweisen. Das Streben nach Qualität in all seinen Facetten gehört damit zur Kernaufgabe jeder Klinik, aber im Besonderen eines jeden christlichen Hauses
Es sind vor allem die Faktoren Zeit und Personalressourcen, die uns heute aus wirtschaftlichen Gründen nicht zur Verfügung stehen. Das stellt ein klares Sicherheitsrisiko dar. Operationen werden durchgeführt, selbst wenn Personal fehlt. Daran wird offenkundig: Qualität und Sicherheit können nicht allein durch Institute zur Qualitätssicherung erzwungen, sondern müssen vor Ort mit all dem dafür notwendigen Aufwand sichergestellt werden.
Das kostet Geld, zum Teil sehr viel Geld, und vieles davon bringen wir aus unseren Mitteln auf: Wir führen Zertifizierungsprozesse durch, leisten Maßnahmen der internen und externen Qualitätssicherung, halten Komplikationsbesprechungen und Qualitätszirkel ab.Den größten Aufwand aber, dieses systematische regelmäßige Innehalten und Überprüfen, das konsequente Einhalten des Vier-Augen- und Vier-Hände-Prinzips, den gibt es nicht zum Nulltarif.
Bislang haben wir, um unter ökonomischem Druck effizienter zu werden, nur nach Reserven für Rationalisierungen gesucht. Wir müssen aber, um noch weniger Fehler zu machen, immer wieder Kontrollschleifen durchführen. Der Sicherheitsstandard in deutschen Krankenhäusern ist heute so hoch wie nie zuvor. Gleichzeitig müssen wir uns eingestehen, dass wir nie einen Nullfehler-Standard erreichen werden. Was aber auch klar ist: Noch mehr Sicherheit und Qualität wird es nur geben, wenn die Gesellschaft und die Politik bereit sind, diese zu finanzieren.