Die Proktologie beschäftigt sich mit Erkrankungen des Enddarmes,
Beckenbodens, Analkanals und der Region des Afters. Dieses Fachgebiet schließt
neben der chirurgischen Therapie auch die konservative (also nicht operative)
Behandlung verschiedener Krankheitsbilder ein. Dabei können proktologische
Probleme gleichzeitig auch andere Fachbereiche wie die Dermatologie (z.B. bei
Ekzemen, Geschlechtskrankheiten), die Gastroenterologie (z.B. bei Fisteln), die
Gynäkologie (z.B. Beckenbodenschwäche bei Frauen) und die Urologie (z.B. bei
gleichzeitig bestehender Harninkontinenz) berühren.
In unserer fach-proktologischen Sprechstunde bieten wir nicht nur die
individuelle Beratung sowie die proktologische Basisdiagnostik (digital-rektale
Untersuchung, Proktoskopie) an, sondern ergänzen zielgerichtet um weitere
Verfahren wie starre Rektoskopie, Manometrie (Sphinkterdruckmessung) und
Endosonographie. Eventuell weitere notwendige Maßnahmen (z.B. Koloskopie,
Bildgebung, Laboruntersuchungen) empfehlen wir bedarfsweise bzw. leiten wir bei
unseren Partnern im Hause ein. Gerne beraten wir Sie in einem persönlichen
Gespräch, einen Termin können Sie unter Tel. 0228 508-1573 vereinbaren.
Hämorrhoiden sind natürlicherweise vorhandene
Gefäßpolster, die normalerweise am Oberrand des Analkanals gelegen sind. Durch
eine wechselnd starke Blutfüllung tragen diese Gefäßpolster zur Feinkontinenz
bei. Bei Beschwerden sprechen wir daher von einem Hämorrhoidalleiden. Symptome
eines Hämorrhoidalleidens können anale Blutungen, Juckreiz, nässende
Sekretionen, Stuhlschmieren und ein tastbarer Vorfall von Gewebe sein.
Schmerzen sind dagegen eher selten. Ein Vorfall von Hämorrhoidalknoten ist zu
unterscheiden von thrombosierten äußeren Venen (Perianalvenenthrombose), einem
Enddarmvorfall oder harmlosen, läppchenartigen Hautfalten am After (Marisken).
Im frühen Stadium kann das Hämorrhoidalleiden
fast immer konservativ behandelt werden, z.B. durch eine Stuhlregulation,
Zäpfchen- oder Salbentherapie. In einigen Fällen macht auch eine Sklerosierung
der Hämorrhoiden Sinn, welche wir anbieten. Bei weiter fortgeschrittenen
Befunden reichen diese Maßnahmen nicht mehr aus. Je nach Ausprägung des
Befundes in Größe (Grade 2-4) und Lokalisation (segmental oder zirkulär)
empfehlen wir Ihnen individuell die Anlage von Gummibandligaturen, die
Hämorrhoidektomie nach Milligan-Morgan oder die Stapler-Hämorrhoidopexie nach
Longo, wobei sich die Verfahren teilweise (ggf. zweizeitig) kombinieren lassen.
Bei Perianalvenentrombosen und Marisken bieten wir die Exzision an, sollten
hier konservative Maßnahmen nicht erfolgsversprechend sein.
Die Analfissur ist ebenfalls von Blutauflagerungen
am Toilettenpapier oder auf dem Stuhlgang gekennzeichnet, die Ursache ist meist
zu harter Stuhlgang. Leitsymptom ist aber der Schmerz, daher sollte die
proktologische Untersuchung vorsichtig und mit einer hohen Expertise erfolgen,
hier müssen auch andere Ursachen für die Entstehung von Fissuren und Geschwüren
sowie mögliche lokale Komplikationen wie Fistelbildung und Abszedierung
abgeklärt werden.
Akute Fissuren können meist durch Salben,
Schmerzmittel und stuhlregulierende Maßnahmen für einen weichen, geformten
Stuhl zur Abheilung gebracht werden. Im chronischen Stadium, insbesondere bei
narbigen Wundrändern und Hautfaltenbildung, gehen wir operativ vor und führen
eine Sphinkter-schonende Fissurektomie durch.
Bei Analabszess und Analfisteln handelt es sich
um verschiedene Stadien der gleichen Erkrankung. Der Analabszess ist hierbei
die akute, eitrige Erscheinungsform und sollte, sobald die Diagnose gestellt
ist, operativ eröffnet werden, um eine weitere lokale Ausbreitung der Infektion
zu verhindern. Intraoperativ führen wir obligatorisch eine Spiegelung des
Analkanals durch, um eine Fistel als Quelle des Abszesses nachzuweisen. Dies
gelingt allerdings aufgrund der Schwellung und Entzündung im Akutstadium leider
nicht immer, so dass auch nach der Abszessspaltung ein Fistelgang zurückbleiben
kann, der zu einem späteren Zeitpunkt einer weiteren Versorgung bedarf. In
vielen Fällen heilt der Abszess aber auch durch einen Spontanverschluss des
Fistelgangs komplett aus. Sollte ein Analabszess nach zwischenzeitlicher
Besserung erneut auftreten oder es zu keiner Abheilung kommen, ist nach
Abklingen des Akutstadiums eine intensive Fistelsuche zwingend erforderlich, je
nach Befund in Narkose oder bildgebend mittels MRT.
Kann in der Akutsituation der zugrunde liegende
Fistelgang sondiert werden, legen wir eine Fadendrainage ein, um einem erneuten
Abszess vorzubeugen und den Befund zur Abheilung zu bringen. Eine Sanierung der
Fistel kann dann ab sechs Wochen postoperativ erfolgen. Nicht abszedierte
Fisteln, die durch eine Sekretion auffallen, können oft ohne diese Vorbereitung
in einer Operation versorgt werden. Vor einer endgültigen Versorgung besprechen
wir mit Ihnen individuell ausgiebig die verschiedenen für Sie in Frage
kommenden Möglichkeiten in Hinblick auf Heilungschancen und Kontinenz, deren
Erhaltung oberste Priorität hat. In den meisten Fällen kommt dennoch eine Fistelspaltung
in Frage. Alternative, regelmäßig durchgeführte Verfahren bei uns sind die
Ligatur des intersphinktären Fistelganges (LIFT) sowie die
Mukosa-Flap-Plastik. Darüber hinaus gehende, spezielle Situationen werden mit
Ihnen bedarfsweise selbstverständlich ebenfalls erörtert.
Die Steißbeinfistel betrifft vor allem jüngere
Patienten. Die in der Steißbeinregion befindlichen Fistelöffnungen entstehen
durch sich hier hineinbohrende Haare. Meist fällt die Erkrankung durch die
akute Abszessbildung auf. Die Behandlung besteht dann aus der Entlastung des
Abszesses, zudem müssen zur Rezidivprophylaxe Abszesshöhle und Fistelgänge
entfernt werden. Neben der offenen Exzision, die auch in der Akutsituation
möglich ist, favorisieren wir jedoch die ambulante Entlastung des Abszesses und
nach Abheilung der Akuterkrankung die Entfernung des Sinus mit anschließender
plastischer Deckung, um die Heilungszeit zu verkürzen. Hier bieten wir das
Verfahren nach Karydakis sowie die Limberg-Lappen-Plastik an. Die Empfehlung zu
den einzelnen Verfahren erfolgt individuell nach Ausbreitung des Befundes
(Größe und Lage des Abszesses sowie Verteilung der Fistelostien), der
Konfiguration der Pofalte sowie dem bei Ihnen zu erwartendem kosmetischen Ergebnis.
Eine Stuhlinkontinenz ist für den
Patienten sehr belastend und schambehaftet, betrifft aber 1-3% der Bevölkerung.
Da die Kontinenz das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels zahlreicher
funktioneller und anatomischer Einzelfaktoren ist, ist eine genaue Anamnese
sowie eine sorgfältige Diagnostik notwendig. Neben der proktologischen
Basisdiagnostik setzten wir hier auch die Manometrie sowie die Endosonographie
ein und empfehlen bzw. veranlassen ggf. auch eine (MR-)Defäkographie,
Koloskopie oder spezielle Laboruntersuchungen. Je nach Ursache und Ausprägung
der Inkontinenz unterscheidet sich die Behandlung: Liegt eine ursächliche
Grunderkrankung vor, ist diese weiter zu diagnostizieren und zu behandeln. Oft
lassen sich Inkontinenzprobleme durch konservative Maßnahmen bessern. Hierzu
gehört neben stuhlregulierenden Medikamenten und Beckenbodengymnastik
insbesondere das Biofeedback-Training, welches wir rezeptieren können.
Chirurgisch bedeutsam sind
Kontinenzstörungen durch eine traumatische Verletzung des Schließmuskels.
Derartige Schließmuskeldefekte lassen sich durch eine sogenannte
Schließmuskelplastik reparieren. Ein modernes Verfahren ist die sogenannte
Sakralnervenstimulation (SNS), die insbesondere auch dann mit Erfolg zur
Anwendung kommen kann, wenn andere Methoden wie das Biofeedback-Training
versagt haben. Hierbei werden die Nervenwurzeln im Kreuzbeinbereich, die den
Schließmuskel nerval versorgen, mit feinen Elektroden stimuliert. Nach einer
Testphase mit einem äußeren Stimulationsgerät wird dann bei Wirksamkeit der
Methode ein Stimulator unter die Haut dauerhaft implantiert, der in Funktion
und Aussehen mit einem Herzschrittmacher vergleichbar ist.
Eine Obstipation kann sowohl durch den Lebensstil
als auch eine verlängerte Dickdarm- Passagezeit oder eine (meist mechanische)
Störung der eigentlichen Stuhlentleerung sowie der Kombination der Faktoren
entstehen. Die Symptomatik kann sich in einer geringen Stuhlfrequenz (≤ 2 pro
Woche), der Notwendigkeit zu starkem Pressen oder manueller Unterstützung des
Stuhlganges sowie dem Gefühl einer blockierten oder inkompletten
Stuhlentleerung äußern. Auch hier ist die Anamnese und proktologische
Basisdiagnostik zunächst wegweisend. Abhängig hiervon leiten wir dann
gegebenenfalls ergänzende Diagnostik wie eine
Röntgen-Darmpassagezeit-Untersuchung, Darmspiegelung, Manometrie oder
(MR-)Defäkographie zielgerichtet ein. Wenn konservative Maßnahmen nicht zum
Erfolg führen oder eindeutig mechanische Ursachen vorliegen, werden wir ihnen
individuell operative Maßnahmen empfehlen, z.B. die Abtragung von
überschüssigen Darmwandanteilen des Enddarmes mit speziellen
Klammernahtgeräten in Narkose über den After ("STARR-Operation" beziehungsweise
"Trans-STARR-Operation") oder auch die Entfernung eines Teils des
Dickdarms, die meistens laparoskopisch möglich ist.
Bei einem Enddarmvorfall rutschen Enddarmanteile
über den After nach außen. Bei der Wahl des Therapieverfahrens müssen
Schweregrad und Begleitsymptome des Prolapses sowie Alter und
Begleiterkrankungen des Patienten berücksichtigt werden. Grundsätzlich sollten
stuhlregulierende Maßnahmen eingeleitet werden. Der einzige heilende
Therapieansatz beim Enddarmvorfall ist die Operation. Man unterscheidet hier
Eingriffe, die von unten über den After durchgeführt werden von denen, die über
die Bauchhöhle erfolgen. Erstere sind zwar weniger invasiv, jedoch mit einer
höheren Rückfallquote als die Bauchoperation behaftet.
Bei der Operation über die Bauchhöhle wird der
Enddarm bis auf den Beckenboden mobilisiert und dann nach oben gestreckt.
Fixationsnähte vermeiden, dass der Enddarm wieder nach unten rutscht. Je nach
Ausprägung des Krankheitsbildes werden wir auch eine Teilresektion des Darmes
mit Ihnen besprechen. Wir führen diesen Eingriff standardmäßig minimal-invasiv
durch. Alternativ kann der vorgefallene Enddarmanteil von unten her vor dem
After abgetrennt und vernäht werden. Hier kommt insbesondere die
staplergestützte Resektion zum Einsatz. Dieses Verfahren ist sehr sicher
durchführbar und kommt vorzugsweise bei älteren Patienten oder bei
signifikanten Begleiterkrankungen zur Anwendung.